Kürzlich habe ich ein sehr interessantes Anti-Burnout-Buch für Lehrer von Andreas Hillert gelesen. Einzelne Aspekte daraus möchte ich hier aufgreifen, um Lehrkräften Anregungen für den Schulalltag mitzugeben.

 Es ist kein großes Geheimnis, dass ein hoher Anteil von LehrerInnen aus medizinischen Gründen frühzeitig aus dem Dienst ausscheidet. Die Hälfte der Betroffenen leidet an psychosomatischen Erkrankungen. Natürlich gibt es auch in anderen Arbeitsbereichen Menschen, die aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung ihrer Berufstätigkeit nicht mehr nachgehen können.

Ein erschwerender Faktor bei dem Berufsprofil „Lehrer“ ist der gesellschaftliche Status. Obgleich in einigen Kulturkreisen Lehrer von ihrer Umwelt respektiert und geachtet werden, wird ihnen dies finanziell nicht ebenso vergütet. Auch wenn die Gehälter von Ärzten oder Juristen nicht vergleichbar sind, verdient ein Lehrer in Deutschland nicht schlecht. Umso mehr Missgunst geht einher mit der doch offensichtlichen Tatsache, dass Lehrer nur von 8 bis 13 Uhr arbeiten müssen. Viele Mitmenschen sind sich nicht über die Größe der Vor- und Nachbereitungszeit bewusst. Schätzen Sie doch mal, wie viele Stunden ein Lehrer im Jahr vor dem Kopierer verbringt!

Wie viele Elterngespräche schließen sich ohne Mittagspause an den Unterricht an? Unzählige Stunden vor dem PC Zuhause zur Materialzusammenstellung folgen. Nicht zu vergessen ist auch je nach Klassenstufe das Pensum an Bastelarbeit. In regelmäßigen Abständen erfolgen nachmittags ellenlange Konferenzen, die wie andere Besprechungen auch mit mehr oder weniger Erfolg enden. Vorurteile, wie Lehrer seien faule Säcke oder stets ungerecht, kommen vielleicht von Menschen, die selbst sehr unangenehme Erfahrungen mit Lehrern gemacht haben. Von Studenten anderer Fachrichtungen erfährt man durch abfällige Kommentare schon früh, was es bedeutet, gering geachtet, bemitleidet und belächelt zu werden. So gilt es sich die Anerkennung vom I-Dötzchen, über die Eltern, zu Kollegen bis zum Direktor und vielleicht noch weiter, stets hart zu erarbeiten.

Perfektionistische Arbeitstypen, die stets darum bemüht sind, es allen recht zu machen, sind anfälliger dafür, in der Maschinerie der Schulrealität unterzugehen. Was auch immer Sie tun, nie werden Sie sämtliche Schüler, Eltern und Kollegen gleichermaßen zufrieden stellen können. Machen Sie sich frei von diesem utopischen Anspruch! Ferner verweist Hillert darauf, dass Menschen, die in ihrer Kindheit nicht gelernt haben, zu streiten, zwangsläufig in Konfliktsituationen geraten, bei denen Sie den Kürzeren ziehen werden. Haben Menschen nicht gelernt, ihre eigenen Gedanken und Bedürfnisse zu artikulieren, sondern sich stattdessen der Dominanz des Familienoberhauptes stets untergeordnet und den Verhältnissen angepasst, kann man sich die Schuhe „Ich bin nichts wert“ und „Ich muss mich den Gegebenheiten unterordnen“ schon mal anziehen, wenn man sich dieser Persönlichkeitsmerkmale nicht bewusst ist. Es ist überaus wichtig, den Kollegen gegenüber auch mal ein „Nein!“ auszusprechen. Sie dürfen durchaus ihre Grenzen selbst feststecken. Es geht nicht, dass man immer wieder Arbeiten bei Ihnen ablädt. Nein, nein, nein…auch jemand anderes wird das machen können….und oh doch, die Kollegen werden das auch mal ohne Sie schaffen! Ich bin ganz sicher. Auch wenn die perfektionistische Grundhaltung eines Beamten auf zweifelhaften Wegen während der Ausbildung ins Gedächtnis gelangt ist, gilt es diese nun abzulegen, denn Sie sind auch nur ein Mensch. Bestimmt haben Sie als Lehrer eine verantwortungsvolle Rolle in der Gesellschaft, aber diese gilt es im Rahmen der Möglichkeiten wahrzunehmen. Die Isolation der Lehrer untereinander ist ein weiterer belastender Faktor. Als Einzelkämpfer getrimmt, fällt es schwer, den Kollegen um Rat oder Hilfe zu bitten. Traurigerweise erfährt man manchen Ortes nicht die notwendige Unterstützung. Einige Menschen vertreten vehement die Ansicht, Berufliches und Privates seien strikt zu trennen. Sicherlich gibt es private Details, die man nicht preisgeben möchte. Nach meinem Verständnis ist dennoch ein gewisses Vertrauensverhältnis zu den lieben Kollegen wünschenswert, denn dies kann sowohl den Berufsalltag als auch ein harmonisches Privatleben entlasten. Ich möchte durchaus meinem Kollegen auch mal sagen können. „Du, heute fühle ich mich nicht wohl, weil ….“ Im Gegenzug spricht man im Privatleben doch auch mal über die Schule. Warum also nicht auch mal etwas (wohl überlegt!) von sich selbst preisgeben und so Nähe und Herz denjenigen entgegenbringen, mit denen man tagein tagaus zusammen ist. Ich jedenfalls möchte nicht in einem anonymen Arbeitstierverhältnis neben meinen Kollegen daher leben und möglicherweise nicht mitbekommen, dass es einem Mitmenschen zur Zeit nicht gut geht, wegen diesem oder jenem Problem.

Ein weiterer Faktor kann mitunter auch die Belastung aus dem Privatleben sein. Bei Alleinstehenden spielt die Fokussierung auf den Beruf eine nicht ungefährliche Rolle. Eine nicht funktionierende Partnerschaft kann sich ebenso auf die Berufstätigkeit auswirken.

Wenden wir uns nun aber weg von der Einzelkämpferproblematik den Strategien der Stressbewältigung zu. An erster Stelle wird hier das Zeitmanagement genannt. Planen Sie den zeitlichen Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten genauso wie Weggezeiten und Entspannungszeiten! Kalkulieren Sie auch Zeiten für Unvorhergesehenes mit ein! Legen Sie einfache Tätigkeiten in Stunden geringer Konzentrationsfähigkeit! Kontrollieren Sie Zeitdiebe! Ein aufgeräumter Schreibtisch kann dabei hilfreich sein. Vermeiden Sie Ablenkungsfallen und vor allem räumen Sie sich das Recht ein, auch mal das Telefon abzuschalten, um das Arbeitspensum ungestört bewältigen zu können! Glauben Sie mir, andere überhören das Klingeln auch gelegentlich!

Entspannung, Entspannung und noch mal Entspannung gilt es, Woche für Woche nachzugehen. Sie haben es verdient!!! Ein Yogakurs, regelmäßige Meditationsphasen oder ein Spaziergang in der Natur steht Ihnen zu! Jeder muss hier selbst entscheiden, wie er am besten entspannen kann. Gliedern Sie Entspannungstechniken in den Schulalltag ein!

Erscheinen Schüler, Eltern und Kollegen bereits absolut gruselig, scheuen Sie sich nicht davor einer Supervisionsgruppe beizutreten! Alle Lehrer, die während des Studiums auch Psychologieseminare genossen haben, sollten dies keineswegs belächeln, sondern in der systematischen Reflexion von Konfliktsituationen die Erweiterung ihrer Sozialkompetenz erkennen. Eine Supervision muss nicht auf biographisch-reflektierender Ebene erfolgen. Schließen Sie sich einer Gruppe, in der es um die inhaltliche Reflexion auf sachlicher Ebene geht, wenn Sie ihre Persönlichkeit nicht von der Kindheit auf entblättern wollen! Lehrer sind in der Regel kreative Menschen. Oft hilft es, ein Geschehen aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Lassen Sie sich von anderen Ideen und Lösungsmöglichkeiten inspirieren. Zuhören kann doch gar nicht schaden. Auch die Reaktion anderer Lehrer in ähnlichen Situationen kann durchaus aufschlussreich sein.

Ich habe an dieser Stelle nur drei Anregungen erläutert, da diese für mich zentrale Stressbewältigungsmaßnahmen sind. Sorgen Sie selbstständig für ihre Berufs- und Lebensmotivation. Gehen Sie einem erfüllenden Hobby nach, aber verbessern Sie auch den Kontakt zu den Kollegen. Mit wem kann ich mich über Probleme im Unterricht austauschen? Denken Sie aktiv über Arbeitsteilung nach. Es bringt so viel mehr Erfolg und Konsens, Unterrichtsstunden gemeinsam vorzubereiten. Wem kann ich diese Aufgabe vertrauensvoll übertragen? Fortbildungen helfen, das pädagogische Repertoire zu erweitern. Innovativer Unterricht ist so wahrscheinlicher, auch wenn man nicht bei jedem Trend mitschwimmen muss. Bauen Sie ihr soziales Netz im Privatleben aus! Kontaktieren Sie Menschen, die Halt geben!

Ich hoffe, dass ich den Lesern einige gute Tipps mitgeben konnte. Sicherlich lässt sich manchmal auch nicht vermeiden, dass kurzfristig Spannung entladen wird. Vergessen Sie dabei einfach nicht, dass Lehrer auch nur Menschen sind!